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Die »Seekuh« aus der Kieler Förde – ein Minenräumgerät der Deutschen Kriegsmarine

Im Rahmen meiner Tätigkeit als Dozent für Unterwasserarchäologie am Institut für Ur- und Frühgeschichte der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) habe ich von 2010 bis 2013 zusammen mit Studenten 15 neuzeitliche Schiffswracks in der Kieler Förde untersucht. Dabei haben wir in knapp 200 Tauchgängen ein Wrack aus dem 18. Jahrhundert, drei Wracks aus dem 19. Jahrhundert sowie elf Wracks aus dem 20. Jahrhundert dokumentiert und charakterisiert. Die Fundstellen liefern wichtige Hinweise zur Verkehrs-, Technik-, Kultur-, Militär- und Ereignisgeschichte im westlichen Ostseegebiet. Darunter ist auch ein kleines Holzwrack aus dem Zweiten Weltkrieg, das ich Anfang 2020 nochmals betaucht habe. Anschließende Recherchen ergaben, dass das Wrack Teil eines Fernräumgeräteschleppers war – ein von Schleppern gezogenes Räumgerät (Seekuh), das Magnetminen (Induktionsminen) bis 20 Meter Wassertiefe zur Detonation brachte.

Vermehrt wurden diese Schiffe ab Juni 1940 eingesetzt, als sich die Abwürfe britischer Minen von Flugzeugen des Typs Handley-Page Hampden vor allem in der Nordsee und im westlichen Ostseebereich häuften. Da der Nachschubverkehr ins besetzte Dänemark und Norwegen gesichert werden musste und zum Aufspüren dieser Minen kaum Schiffe (z.B. Sperrbrecher) verfügbar waren, musste die Kriegsmarine improvisieren. Kurzerhand rüstete sie diverse zivile, leistungsstarke Schiffe wie Eisbrecher, Fischdampfer, Seeschlepper oder auch normale Fahrgastschiffe zu Fernräumgeräte-Schleppern (FRG-Schlepper) um. Ein vergleichbares Boot wie die Seekuh in der Kieler Förde wird heute im Marinemuseum Dänholm in Stralsund/Mecklenburg-Vorpommern ausgestellt.